Unter Wundanamnese versteht man die genaue Einschätzung der Wunde und die Suche nach Faktoren, die die Entstehung der Wunde beeinflusst haben und den Prozess der Heilung beeinflussen könnten. Man unterscheidet bei der Wundanamnese zwei Arten von Faktoren:
Die lokalen Faktoren der Wundheilung stellen sich wie folgt dar:
Die Wundanamnese berücksichtigt eine Vielzahl von patientenbezogenen Faktoren, vor allem das Lebensalter, den Zustand der Ernährung, den Status des Immunsystems, das Vorliegen anderer Krankheiten, die Einnahme etwaiger Medikamente, Bestrahlungen und die psychische und soziale Verfassung des Betroffenen.
Das Alter des Patienten ist wichtig für die Wundanamnese, weil mit zunehmendem Alter die Geschwindigkeit der Zellerneuerung abnimmt, weniger Talg produziert wird, weniger Mastzellen vorhanden sind und die Haut dünner wird. Die Schutzfunktion der Haut lässt nach, die Wahrnehmung über die Haut ebenso. Die Wahrscheinlichkeit für Begleiterkrankungen nimmt zu.
Für die Regeneration von Wunden wird viel Energie benötigt, die über die Nahrung zugeführt werden muss. Der Proteinbedarf steigt, weil durch das Wundsekret Protein verloren geht. Auch Zink und Vitamin C sind für die Wundheilung wichtig. Zink wird benötigt für den Stoffwechsel der Wunde; ein Mangel an Zink verlangsamt den Wundverschluss und verringert die Zugstärke in der Wunde. Beobachtungen zeigen, dass fast alle Patienten mit einem Dekubitus einen Mangel an Zink haben. Empfohlen wird eine Menge von 15 bis 20 mg Zink täglich. Zink ist z. B. in Austern und Kartoffeln vorhanden. Vitamin C wird verstärkt verbraucht, weil es zur Bildung von Kollagen benötigt wird. Kollagen verfestigt die Gewebestruktur. Vitamin C wird über das Wundsekret ausgeschieden. Es schützt aber vor freien Radikalen und steigert die Aufnahme von Eisen. Vitamin C ist z. B. in Sanddornbeeren, Brokkoli, Stachelbeeren und schwarzen Johannisbeeren enthalten. Adipositas und Bewegungsmangel können die Wundheilung verlangsamen.
Das Immunsystem kann in seinen Funktionen vermindert sein, z. B. wenn aufgrund einer Krebserkrankung eine Chemotherapie durchgeführt wird. Ebenso nach einer Operation, bei einer Infektion mit Viren, bei Mangelernährung oder Stress. Dann kommt es eher zu einer Wundinfektion. Wenn man Bakterien ausgesetzt ist, wird die Wundheilung gebremst.
Bestimmte Erkrankungen können Einfluss auf die Wundanamnese nehmen. So können beispielsweise Diabetes, Leberkrankheiten oder Krankheiten des Bindegewebes die Wundheilung verschlechtern. Dies gilt auch bei der Einnahme von Chemotherapeutika, Immunsuppressiva, Glukokortikoiden und Antikoagulanzien. Zu den weiteren Aspekten, die die Wundheilung verschlechtern können, zählen unter anderem Rauchen, Stress oder Schmerzen.
Fedor Singer