Jeder kennt das: Ein Messer rutscht ab oder man fällt auf das Knie und es kommt zu einer Wunde. Besonders Kinder, die toben, neigen zu Schürf- und Platzwunden. Es gibt aber auch andere Arten von Wunden, z. B. Schnittwunden, Dekubitus (also wunde Stellen am Körper durch lange Bettlägerigkeit), Wunden durch Verbrennungen, Verätzungen mit chemischen Substanzen oder offene Wunden als Folge von Diabetes mellitus, meist am Fuß.
Bevor mit der Wundbehandlung begonnen wird, erfolgt zunächst die Wundanamnese, also eine erste Beurteilung der Wunde durch den Arzt. Anschließend folgt die Wundreinigung, bei der Keime und Krankheitserreger aus der Wund herausgespült werden. Lange Zeit waren Mediziner davon überzeugt, dass die trockene Wundbehandlung die besten Voraussetzungen für die Wundheilung schafft. Mittlerweile hat sich aber die Erkenntnis durchgesetzt, dass die feuchte Wundbehandlung, die ein feuchtes Wundmilieu schafft, in den meisten Fällen besser geeignet ist, um die Wunde optimal zu versorgen.
Bei der trockenen Wundbehandlung, die heute nur noch selten Anwendung findet, wird die Wunde nicht abgedeckt, sondern ist permanent der Luft ausgesetzt. Die Haut ist in der Regel gut gegen das Eindringen von Krankheitserregern wie Pilzen, Viren und Bakterien geschützt. Wird aber die Haut verletzt, ist auch die Schutzfunktion der Haut beeinträchtigt.
Wenige Minuten nach der Verletzung setzt der Prozess der Wundheilung ein, der aus mehreren aufeinanderfolgenden Phasen besteht. Der Organismus sorgt dafür, dass das Blut gerinnt. Es bildet sich ein Wundsekret (Exsudat); die Wunde beginnt also zu nässen. Der Fluss dieses Sekrets ist dafür verantwortlich, dass Abfallprodukte und Verschmutzungen abtransportiert und unschädlich gemacht werden. Außerdem wird die Wunde über das Sekret mit notwendigen Substanzen versorgt. So gelangen Antikörper in die Wunde, die das Immunsystem freisetzt, Nährstoffe und Botenstoffe. Bakterien und abgestorbene Zellen bzw. Teile von Zellen werden entfernt. Wenn die Wunde nicht verbunden bzw. kein Pflaster aufgeklebt wird, wie es bei der trockenen Wundbehandlung der Fall ist, wird die Wunde schnell trocken. Unter der so entstehenden Kruste sind aber häufig noch Reste von abgestorbenen Zellen, Schmutz und Krankheitserregern. Dieses werden dann nicht mehr abtransportiert.
Wir bei der Wundbehandlung hingegen ein Wundverband verwendet, der die Wunde feucht hält, wird mit jedem Verbandswechsel (der entsprechend regelmäßig erfolgen sollte) die oberflächliche Schicht aus Sekret entfernt. Mit dieser Maßnahme entfernt man auch alles, was sich in dem Sekret befindet, und hilft der Wunde so, Abfälle zu entfernen.
Dass die Wundheilung durch ein feuchtes Wundmilieu besser funktioniert und die Bildung von Schorf dieser eher hinderlich ist, weiß man aus dem klinischen Alltag und der entsprechenden Forschung. Auch zu Hause sollte man kleinere Wunden, die man selbst therapiert, mit einem feucht haltenden Verband versorgen.
Die feuchte Wundbehandlung bietet einige Vorteile. Eine feuchte Wunde bringt leichter ein für die Wundheilung geeignetes Mikroklima hervor; auch neue Zellen für das beschädigte Gewebe werden zügiger hergestellt und diese gelangen – ohne den Schorf umgehen zu müssen – direkt zu der beschädigten Stelle im Gewebe. Der Schorf stellt also ein Hindernis dar auf dem Weg der neuen Zellen zur Wunde. Auch wer die Gefahr der Bildung unschöner Narben minimieren möchte, sollte auf eine feuchte Wundbehandlung setzen. Das Risiko für Infektionen wird mit einem feuchten Wundklima reduziert, weil es zu einem niedrigeren pH-Wert führt, was Krankheitserreger behindert. Gleichzeitig fördert die feuchte Wundbehandlung die natürliche Heilung der Wunde, dadurch, dass die Nährstoffe besser zum Ort des Geschehens transportiert und Botenstoffe und Wachstumsfaktoren besser ausgeschüttet werden können. Auch der für die Wundheilung typische Juckreiz wird durch eine feuchte Wundbehandlung unwahrscheinlicher.
Da es zahlreiche verschiedene Wundauflagen für die Wundbehandlung gibt, muss man sich für eine entscheiden. Auf bestimmte Aspekte sollte man dabei achten. Die Wundauflage sollte …
Fedor Singer